2021 - Haus Wieschebrock – ehemaliges Ackerbürgerhaus

Das Haus Wieschebrock ist eines der wenigen historischen Gebäude Werls mit größtenteils sichtbarem Fachwerk.

Ursprünglich handelte es sich hier um ein Ackerbürgerhaus, also einem Haus mit integrierter landwirtschaftlicher Nutzung im Schutz der Stadtmauern. Typisch ist hierbei auch die Lage in unmittelbarer Nähe eines Stadttores, in diesem Fall dem Steinertor. Erkennbar ist auch noch der Torbogen der ehemaligen Hofdurchfahrt, der heute dem Bestattungsunternehmen Michael Wieschebrock als Ausstellungsraum dient.

Eine Besonderheit ist der steinerne linke Gebäudesockel aus verputztem Grünsandstein. Hier sind noch alte Gewölbekeller vorhanden. Darüber befinden sich im Erdgeschoss noch mit 3 m erstaunlich hohe Räume mit selbst innen bis zu 1 m dicken Wänden und einer eigenartigen Geschossdeckenkonstruktion zum Obergeschoss. Über mächtigen Eichenbalken liegt eine erste Fußbodenschicht aus Eichendielen, dann kommt eine etwa 35 cm starke Schicht aus Bauschutt, bevor die Decke wiederum mit einer Balken- und Dielenlage abschließt.

Dieser Gebäudeteil mit seiner mächtigen Konstruktion stammt von einem älteren steinernen Vorgängerbau, der möglicherweise einem der zahlreichen Werler Stadtbrände zum Opfer fiel. Die damals große Gefahr von Bränden mag auch der Grund dafür gewesen sein, dass man den erhaltenen Bruchsteinteil wie einen Bunker abgeschlossen hat, um im Brandfall einen halbwegs sicheren Raum für das wertvollste Hab und Gut zu haben.

Die im Volksmund um 1900 gebräuchliche aber nicht näher erklärbare Bezeichnung des Gebäudes als „Armejungenhaus“ steht eigentlich im Widerspruch zu seinen für ein Fachwerkhaus untypischen großen Abmessungen und Geschosshöhen. Im Obergeschoss wird eine lichte Höhe von 2,40 m erreicht und im Dachgeschoss beträgt der Abstand zur Kehlbalkendecke sogar 3,50 m.

Ein genaues Baujahr ist nicht bekannt. 1803 wird der Stadtrentmeister (Stadtkämmerer) Friedrich Anton Brune als Eigentümer erwähnt. Anfang des 20. Jahrhundert vermachte die Familie Feldmann das Haus den Franziskanern, die den Besitz unter Druck der Nationalsozialisten während der Diktatur an die benachbarte Kornhandlung Fidler verkauften. Zu dieser Zeit diente die Tordurchfahrt der Kornhandlung als Zufahrt zu ihrer Laderampe. Im Zuge der geplanten Stadtsanierung mit rigorosen Abrissplänen wurde das Haus an die Landesentwicklungsgesellschaft verkauft, blieb aber vom Abriss verschont.

Die seit 1931 in dem Haus sesshafte Familie Wieschebrock erwarb das Gebäude 1990 und renovierte es stilgemäß, wobei große Flächen der zwischenzeitlich verputzten Fachwerkaußenwände wieder freigelegt wurden, um die historische Gestalt wieder erlebbar zu machen.